Volos ist eine Küstenstadt am Pagasitischen Golf in der Region Thessalien. Die Stadt hat 86.046 Einwohner. Östlich und südöstlich von Volos erstrecken sich die Berge der Halbinsel Pilion bis zur Ägäis.
Die Synagoge von Volos befindet sich im Stadtzentrum in der Nähe des Hafens und ist seit Jahrhunderten Teil der Stadt.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie mehrfach zerstört. Aber dank Bischof Joakim, dem deutschen Konsul Helmuth Scheffel sowie dem Einsatz von Dorfbewohnern, die versuchten, die Juden von Volos zu retten, wurden nur 26 % der jüdischen Gemeinde von Volos von den Nazis getötet und deportiert.
Daher existiert die Gemeinde, auch wenn sie nicht so groß ist, heute noch. Sie hat ein aktives religiöses, kulturelles und soziales Leben.
Darüber hinaus ist Volos von Bergdörfern umgeben, von denen einige, wie das kleine Bergdorf Drakia Opfer der Vergeltungsmaßnahmen der Nazis wurden. Drakia ist heute als Märtyrerdorf bekannt. In der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember 1943 verübten die deutschen hier ein blutigen Massakers , bei dem 126 Männer ermordet wurden.
Die Geschichte dieser Dörfer wird im Stadtmuseum von Volos erzählt. Die Ausstellung ist auf Griechisch, Englisch und teilweise Deutsch.
Tätikeitsfelder für Freiwillige
Da die Freiwilligenstelle relativ neu ist, müssen die Aktivitäten noch entwickelt werden. Mögliche Aufgaben sind: Unterstützung des Gemeindebüros bei administrativen und organisatorischen Aufgaben bei Veranstaltungen, Entwicklung eines Besuchsdienstes für ältere Gemeindemitglieder, Übersetzung der Museumsausstellung vom Englischen ins Deutsche, Recherchen zu den Märtyrerdörfern
Anforderungen:
Da das Freiwilligenprogramm in Volos noch neu ist, muss der zukünftige Freiwillige sehr geduldig sein. Vertrauen und Aufgaben müssen erst noch aufgebaut werden.
Oft werden neue Ideen mit Skepsis aufgenommen. Aus diesem Grund muss der Freiwillige nicht nur motiviert sein, sondern auch Initiative zeigen.
Da nur sehr wenige Mitglieder der Gemeinde Englisch sprechen, sollte der Freiwillige Griechisch sprechen oder im Voraus damit beginnen, es zu lernen. Für die Arbeit im Museum sind zudem gute Englischkenntnisse erforderlich.
Oft nimmt der Freiwillige an jüdischen Feiertagen und Veranstaltungen teil. Deshalb sollte die Person respektvoll, freundlich und neugierig gegenüber jüdischen Traditionen sein.
Besonders bei der Arbeit in Drakeia sollte der Freiwillige Einfühlungsvermögen und Interesse zeigen, da bisher nur sehr wenige Deutsche das Dorf besucht haben.
Der Aufbau eines sozialen Lebens kann in Volos sehr schwierig sein, da es keine anderen Freiwilligen gibt und die jungen Menschen alleine leben. Daher sollte man aufgeschlossen, spontan, kommunikativ und kontaktfreudig sein, um mit Studenten der Universität oder anderen jungen Menschen in Kontakt zu kommen.
Bericht über die erste Freiwillige die in Volos arbeitete, Lotta (01.09.23-31.08.24)
Lotta in Volos – Was macht eine Neustrelitzerin in Griechenland?

Lotta hat im vergangenen Jahr ihr Abitur gemacht. Nun ist sie in Volos (Griechenland) und leistet ein Jahr Friedensarbeit in der dortigen jüdischen Gemeinde.
Weil Frieden nicht selbstverständlich ist. Die junge Abiturientin Lotta Bernendes-Pätz ist seit Ende des vergangenen Jahres in Volos, um über den Verein Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) ein Jahr Freiwilligenarbeit abzuleisten. Das Thema ihrer Arbeit lautet Versöhnung. Mit der deutschen Geschichte, den jüdischen Gemeinden und den Menschen, die von den NS-Verbrechen während des Holocausts geprägt wurden. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, aktuellen Formen von Antisemitismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit und Ausgrenzung von Minderheiten durch aktiv gestaltete Solidaritätsdienste entgegenzutreten.
Versöhnungsdienst in Volos
Dass sie nach dem Abitur ein Auslandsjahr machen würde, stand für die Neustrelitzerin früh fest. Dass sie im Zuge dessen in irgendeiner Weise an das geschichtlich relevante Thema Holocaust andocken wollte, war ihr ebenfalls klar. So kam sie zu ASF und nach Griechenland. Derzeit arbeitet Lotta hauptsächlich im Gemeindebüro der jüdischen Gemeinde in Volos. Sie erledigt Bürotätigkeiten, bereitet Ausstellungen vor und sucht aktiv den Austausch mit den Mitgliedern der Gemeinde. Sie bereitet zudem eine Stadtführung vor. Eine solche hat sie übrigens auch für Neustrelitz angefertigt. Im Rahmen einer Facharbeit für die Sommer-Schule am Carolinum in Neustrelitz hat sie einen Audioguide für die sprechenden Stolpersteine, 17 davon gibt es in Neustrelitz, entworfen.

Im Rahmen eines Schulprojektes fertigte Lotta Bernendes-Pätz einen Audioguide zu den 17 Stolpersteinen in Neustrelitz an. (Foto: ZVG / Lotta Bernendes-Pätz)
Der zugehörige Flyer vermittelt erste Informationen zu zwei Opfern des Holocausts. Lotta Bernendes-Pätz hat die zugehörigen Informationen aus den Neustrelitzer Archiven selbst erarbeitet. (Foto: ZVG / Lotta Bernendes-Pätz)

„Nie wieder“ – das war gestern schon!
Einen großen Teil ihrer Arbeitszeit verbringt sie außerdem im Märtyrerdorf von Volos. Es handelt sich bei Märtyrerdörfern und -städten um Orte Griechenlands, an denen während der NS-Zeit in großem Ausmaß Kriegsverbrechen stattgefunden haben. „Ich wurde hier am Holocaust-Gedenktag an die Hand genommen und herumgeführt von einem alten Mann, der sagte, dass ich die erste Deutsche sei, die er in dem Dorf sähe“, erzählt Lotta. Nahezu alle Männer des Dorfes sind während des Zweiten Weltkrieges hingerichtet worden. Der alte Mann sei ihr mit großem Respekt gegenübergetreten. „Eigentlich habe ich erwartet, dass mir wegen meiner Herkunft auch mal der eine oder andere Spruch droht“, gesteht sie. Bisher sei ihr aber nur Freundlichkeit entgegengebracht worden. „Das ist schon verrückt, bedenkt man, was gerade in Deutschland los ist.“
In Volos erlebe sie tagtäglich, wie weit die NS-Verbrechen reichten und die Menschen bis heute prägten. Die jüdische Gemeinde in Volos beispielsweise habe mal aus mehreren hundert Mitgliedern bestanden. Nun seien es kaum mehr hundert. „Man wiederholt es ja, auch in der Schule, immer wieder als Floskel: Das darf nie wieder passieren“, so die kaum 19-Jährige unvermittelt. „Um das zu erreichen, müssen wir aber alle auch aktiv etwas tun.“
Sicherheitsmaßnahmen wurden verstärkt
Wie aktuell die Themen Antisemitismus, Rassismus und überhaupt Hass gegen Minderheiten sind, wurde ihr in vielen Situationen vor Augen geführt. Mit Ausbruch des Gaza-Israel-Konfliktes beispielsweise verlor ein Mitglied der Gemeinde seine Nichte. Der Nahost-Konflikt sei ein wahnsinnig komplexes Thema, so die junge Freiwillige. Sie könne dazu kein Urteil abgeben. Was sie aber erzählen wolle, ist, wie groß ihr Schock darüber ist, wie selbstverständlich Antisemitismus und Rassenhass im Kontext solcher Ereignisse auch in Deutschland und Griechenland wieder hervorbrechen. Am 6. Januar beispielsweise sei das Holocaust-Gedenkmal der Stadt Volos mit NS-Symbolik und rassistischen Sprüchen beschmiert worden. Die Sicherheitsmaßnahmen seien nun erneut verstärkt worden. Überall seien Polizeibeamte, Kameras in den Büros und Kontrollen. Für sie sei das ein komisches Gefühl, denn: „Ich gehöre ja keiner Minderheit an.“ Sie sei weiß, privilegiert und christlich. Es sei verstörend, mitzubekommen, wie schwer es manche Menschen hätten.

Eine Ausstellung zum Thema NS-Vergangenheit in Volos hat Lotta mit erarbeitet. „Die aktuellen Entwicklungen in Deutschland beweisen es“, so die 19-jährige. „Es wurde noch nicht genug über dieses Thema gesprochen.“ (Foto: ZVG / Lotta Bernendes-Pätz)
„Auch wenn es seltsam klingt, weil Betroffene diese Option ja überhaupt nicht haben“, so Lotta, „manchmal muss ich mich von diesen Themen abwenden und einfach Zeit mit Freunden in der Stadt verbringen.“ Die schönen Seiten des griechischen Lebens kennenzulernen, sei ein wichtiger, glücklicher Ausgleich.
Im Mehrgenerationenhaus wurde zusammengelegt
Um sich für das freiwillige Jahr überhaupt zu qualifizieren, müssen die Anwärter und Anwärterinnen ein Praktikum absolvieren. Lotta hat sich für ein Praktikum im Mehrgenerationenhaus Neustrelitz entschieden. Weil ihre Oma dort so gerne Zeit verbringt.
„Viele der Menschen dort haben Familiengeschichten, die sie mit dem Thema verbinden“, erzählt sie. „Da war dann eben auch mal der eigene Vater zumindest nicht gegen die Nationalsozialisten.“ Einige hätten sich dem Thema nicht stellen wollen, andere seien der Ansicht gewesen, dass es am Ende gar nicht so schlimm gewesen sei, gerade in Griechenland. Sie habe dafür großes Verständnis, so die Abiturientin. „Schön war, dass am Ende doch alle für ein Gespräch offen waren.“ Mehr noch: Überraschend und spontan legten die Besucher des Mehrgenerationenhauses zusammen, mal nur ein oder zwei Euro, mal einen Zehner. Nun sind sie ganz offiziell Sponsor der Abiturientin für dieses Jahr der Friedensarbeit. Im Gegenzug erhalten sie darum regelmäßig Berichte aus Volos. „Wir zeigen sie dann immer auf einer Leinwand in unseren Räumen und reden im Anschluss darüber“, erzählt Astrid Matz, Koordinatorin des Projektes Mehrgenerationenhaus in Neustrelitz. Der nächste Termin steht bereits ins Haus: Am 23. Februar ab 10 Uhr wird der neueste Bericht vorgestellt.
Ende August wird Lotta Bernendes-Pätz das Freiwilligen-Jahr beenden und zurück nach Deutschland kommen. Studieren will sie, um eine Laufbahn als Journalistin einzuschlagen.
Dieser Bericht stammt aus dem Nordkurier und wurde von Maria Häfer verfasst und am 22.02.2024 veröffentlicht.
Hier finden Sie den Originalartikel: https://www.nordkurier.de/regional/neustrelitz/lotta-in-volos-was-macht-eine-neustrelitzerin-in-griechenland-2280974
Lotta hat vor kurzem einen beucherdienstfür ältere Menschen ins Leben gerufen. Sie hat auf grieechisch einen Flyer für diesen Dienst entworfen, den Sie hier herunterladen und ansehen können. Flyer-Besuchsdienst-4Download

